Friesentracht
Die Friesentracht – Ein Erbe voller Stolz und Geschichte
Wir Friesen sind sehr stolz auf unsere Tracht. Sie ist weit mehr als nur ein Kleidungsstück – sie ist ein Symbol unserer Geschichte, unserer Identität und unseres kulturellen Erbes. Die Friesentracht gibt es bereits seit dem 16. Jahrhundert und wird bis heute zu besonderen Anlässen getragen.
Die Friesentracht existiert nur für Frauen. Der Grund dafür liegt in der historischen Lebensweise unserer Vorfahren: Die Männer fuhren überwiegend zur See, insbesondere auf Walfang, während die Frauen zu Hause blieben. Die Seefahrer brachten ihren Frauen oft kostbare Stoffe und edlen Schmuck von ihren Reisen mit, wodurch die Tracht über die Jahre zu einem wertvollen Statussymbol wurde. Besonders die Walfängerfamilien konnten sich aufwendige und prachtvolle Trachten leisten, die ihren Wohlstand widerspiegelten.
Ein wertvolles Familienerbstück
Noch heute werden Friesentrachten innerhalb der Familie weitergegeben – sie sind nicht nur traditionsreich, sondern auch äußerst kostbar. Vor allem der filigrane Silberschmuck macht sie zu einem wahren Schatz. Nur selten werden neue Trachten angefertigt, da die Herstellung äußerst aufwendig und teuer ist. Jede Tracht ist individuell auf ihre Trägerin zugeschnitten, was sie zu einem einzigartigen Kunstwerk macht.
Die Bestandteile der Friesentracht
Die Friesentracht besteht aus mehreren kunstvoll gefertigten Teilen:
- Der Trägerrock (Pai) bildet die Grundlage. Er besteht aus dunkelblauem Tuch mit einer Weite von viereinhalb bis fünf Metern. Besonders im Rückenteil ist er kunstvoll 60-fach gefaltet. Die untere Kante wird von einem etwa acht Zentimeter breiten Saum aus hellblauer Moiréseide gebildet.
- Die Kopfhaube wird aufwendig gebunden und verleiht der Trägerin ihr traditionelles Erscheinungsbild.
- Das schwarze Kopftuch ist aus dünnem Kaschmirtuch und etwa 130 Zentimeter im Quadrat groß. Es trägt eine Verzierung in Form eines zirka acht Zentimeter breiten Samtbands in schwarzer Farbe, das oft bestickt und mit Fransen besetzt ist. Dieses Tuch wird kunstvoll haubenartig geschlungen. An der Stirnseite befindet sich eine handgestickte Bordüre mit Blumenmustern, und an den Seiten befinden sich lange schwarze Fransen.
- Die rote Haube: Unter dem Kopftuch schaut hinten die Haube heraus, die ausschließlich von verheirateten Frauen getragen wird. Sie besteht aus einem Läppchen in roter Farbe, das mit schwarzen Glasperlen bestickt ist. Es ist friesische Sitte, dass die frisch verheirateten Männer ihrer Frau die rote Haube noch direkt im Standesamt anstecken.
- Das Schultertuch gibt es in verschiedenen Farben und wird mit einer besonderen Technik gefaltet sowie mit etwa 80 schwarzen Nadeln sorgfältig gesteckt. Diese Technik beherrschen nur wenige, und es dauert mehrere Stunden, um das Tuch korrekt anzulegen.
- Der filigrane Brustschmuck wird aus Silber hergestellt. Er besteht auf Föhr aus zehn bis zwölf, auf Amrum meist acht Knöpfen sowie einer mehrgliedrigen Hakenkette. Diese besteht aus einer drei- oder vierreihigen Gliederkette mit einem Amulett in der Mitte, worauf sich die Bestandteile Kreuz, Herz und Anker als Symbole für Glaube, Liebe und Hoffnung, die Zeichen der christlichen Tugenden, befinden.
- Weitere Schmuckstücke: Zwei zusätzliche Knöpfe werden an den Ärmeln angenäht. Eine silberne Schließe hält hinten die Schürze zusammen. Ergänzt wird der Schmuck durch eine Halskette, Kopftuchnadeln, Haarnadeln und eine Brosche am Schürzenband.
Der Silberschmuck wurde einst durch Seefahrer aus Portugal eingeführt und wird auch heute noch dort hergestellt.
Die Friesentracht heute
In der heutigen Zeit hat die Friesentracht eine besondere Bedeutung als Zeichen der Verbundenheit mit unserer Kultur. Besonders bei wichtigen Lebensereignissen und Festlichkeiten wird sie getragen. Die Konfirmation ist dabei ein bedeutendes Ereignis: Viele junge Frauen tragen an diesem Tag zum ersten Mal die Erwachsenen-Tracht und präsentieren sich stolz. Auch bei Schulabschlüssen entscheiden sich einige Mädchen für die traditionelle Kleidung.
Darüber hinaus lebt die Friesentracht durch verschiedene kulturelle Veranstaltungen weiter. Auf Föhr gibt es mehrere aktive Trachtengruppen, darunter auch eine Kindertrachtengruppe. Diese Gruppen treten regelmäßig bei Heimatabenden, Platzkonzerten oder Straßenfesten auf und tragen dazu bei, dass das Wissen um die Tracht und ihre kunstvolle Handhabung nicht verloren geht.
Auch wenn die Tracht heute seltener im Alltag zu sehen ist, bleibt sie ein fester Bestandteil unserer Identität. Sie verbindet uns mit unseren Vorfahren, erzählt Geschichten von Wohlstand, Seefahrt und Handwerkskunst und ist ein sichtbares Zeichen friesischer Tradition. Mit jeder neuen Generation, die diese wertvolle Tracht mit Stolz trägt, lebt unser kulturelles Erbe weiter.
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